MAHNVERFAHREN in BUlGARIEN (Verträge)
Es bestehen zahlreiche rechtliche Möglichkeiten beim Eintreiben von Schulden. Eine dieser Möglichkeiten ist das so genannte Mahnverfahren, das durch die neue Zivilprozessordnung (ZPO) in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens eingeführt wurde.
An sich selbst stellt das so genannte Mahnverfahren ein vereinfachtes Gerichtsverfahren zum Eintreiben von strittigen und unbestrittenen Schulden der Schuldner und Vertragspartner dar, wobei durch dieses Verfahren vor dem Amtsgericht Schnelligkeit und Erleichterung des Eintreibens von Geldschulden und die Herausgabe von Sachen bezweckt wird.
Der Gesetzgeber hat diese Veränderungen sowie die Einführung dieses vereinfachtes Verfahrens in der Rechtsordnung vorgesehen, weil oftmals Situationen bestehen, bei welchen der Schuldner in der Wirklichkeit nicht bestreitet, dass er die vom Antragsteller aufgeführten Schulden hat, und das Mahnverfahren selbst eine schnelle Gelegenheit gewährt, diese Schulden im Nu einzutreiben, und dadurch fällt die Notwendigkeit weg, ein langes Erkenntnisverfahren zu führen.
Die gesetzlichen Bestimmungen (bulgarische ZPO) führen auf, dass das gesamte so genannte Mahnverfahren vor dem Amtsgericht je nach dem Wohnsitz (falls es um eine natürliche Person geht), und nach dem Sitz der Gesellschaft (falls der Schuldner eine juristische Person ist) erfolgt.
In der Gesetzgebung bestehen zwei Arten des Mahnverfahrens:
- Ein einfaches Mahnverfahren nach Art. 410 ZPO
- Ein Mahnverfahren auf Grundlage einer Urkunde nach Art. 417 ZPO.
In diesem Artikel behandeln wir aufmerksam das Wesen und die Besonderheiten der ersten Art – ein einfaches Mahnverfahren, das ausschließlich bei nachgewiesenem Vorhandensein einer Schuld auf Grundlage von Finanzunterlagen durchgeführt wird.
Mahnverfahren nach Art. 417 ZPO
Das Verfahren startet mit der Einreichung eines Musterantrags / freigegeben vom Justizministerium/ an das jeweilige Amtsgericht je nach dem Wohnsitz (falls es um eine natürliche Person geht), und nach dem Sitz des Schuldners (falls es um eine juristische Person geht).
Die Höhe der Forderung spielt keine Rolle und man kann auch eine Forderung geltend machen, die 25 000 BGN überschreitet.
Zum Antrag sind Nachweise für die bezahlte staatliche Gebühr in Höhe von 2% der geltend gemachten Forderung, jedoch nicht weniger als 25 BGN beizufügen.
Zum Antrag ist verbindlich eine der folgenden Unterlagen, auf welchen die Forderung beruht, im Original oder mit einer amtlich beglaubigten Unterschrift beizufügen:
- ein Bescheid einer Behörde, laut welchem die Zivilgerichte mit der Zulassung der Vollstreckung beauftragt sind;
- ein Nachweis oder ein Auszug der Rechnungsbücher, wobei dadurch Forderungen der Staatsanstalten, Gemeinden und Banken festgestellt werden;
- eine notarielle Urkunde, Vereinbarung oder einen anderen Vertrag mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung in Bezug auf die darin aufgeführten Pflichten, Geldbeträge zu zahlen oder auf sonstige vertretbare Sachen sowie in Bezug auf Pflichten bestimmte Sachen zu übergeben;
- ein Auszug aus dem Verzeichnis der Verpfändung durch Besitzkonstitut, für die eingetragene Sicherung und den Beginn der Vollstreckung – in Bezug auf die Übergabe von verpfändeten Sachen;
- ein Auszug aus dem Verzeichnis der Verpfändung durch Besitzkonstitut, für die Eintragung eines Kaufvertrags mit Eigentumsvorbehalt oder für einen Leasingvertrag – in Bezug auf die Rückgabe von verkauften oder geleasten Sachen;
- ein Pfandvertrag oder ein Hypothekenbrief nach Art. 160 und Art. 173 Abs. 3 Gesetz über die Verpflichtungen und die Verträge;
- eine rechtskräftig gewordene Urkunde zur Feststellung einer privaten Forderung durch den Staat oder durch die Gemeinde, wobei seine Vollstreckung nach diesem Gesetzbuch erfolgt;
- ein Mankobefund (Art. 27, Abs. 4 Gesetz über öffentliche Finanzen);
- ein Eigenwechsel, eine Tratte oder gleichgesetzte Orderpapiere (d.h. ein Scheck, ein Lagerschein usw.) sowie eine Anleihe oder Gutscheine.
Das Gericht prüft den Antrag in einer nichtöffentlichen Sitzung, ohne die Parteien vorzuladen. Das Gericht prüft ob die Urkunde aus welcher sich die Forderung ergibt, ordnungsmäßig ist und eine vollstreckbare Forderung gegenüber dem Schuldner bescheinigt. Dies bedeutet, dass das Gericht auch prüfen soll, ob die Forderung fällig ist. Und deswegen mit dem Antrag zur Erstellung eines Vollstreckungsbescheids soll der Schuldner auch Nachweise für die Fälligkeit seiner Forderung vorlegen.
Falls einer der Schuldner Bürge ist, dann soll das Gericht von Amts wegen prüfen, ob die Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Art. 147 Abs. 1 Gesetz über die Verpflichtungen und die Verträge ab dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung abgelaufen ist.
Es ist wichtig zu wissen, dass falls in der Urkunde, aufgrund welcher die Erstellung eines Bescheids zur sofortigen Vollstreckung beantragt wird, keine bestimmte Höhe der geltend gemachten Zinsen aufgeführt ist, dann wird das Gericht diesen Antrag in Bezug auf diese Zinsen ablehnen. Diese Zinsen können in einem anderen Mahnverfahren nach Art. 410 ZPO geltend gemacht werden. Dies betrifft nicht die Fälle, wenn die Urkunde ein Auszug der Rechnungsbücher einer Bank, Staatsanstalt oder Gemeinde ist, da in diesem Fall im Auszug der Rechnungsbücher selbst die bestimmte Höhe der Zinsen aufgeführt ist. Die Begründung ist, dass beim Mahnverfahren das Gericht die Zinsen nicht selbstständig berechnen kann.
Falls der Antrag keine ordnungsmäßige Individualisierung der Umstände enthält, ist es zulässig, dass das Gericht die Begründung und der Gegenstand der Forderung auf Grundlage von dieser Urkunde festlegt, da diese eine verbindliche Anlage zum Antrag, aufgrund welchem der Vollstreckungsbescheid erstellt ist, darstellt, und dabei ist er Grund zur Erstellung des Bescheids das Vorhandensein eines vollstreckbaren Rechtsanspruchs ist, das nämlich durch die Urkunde nachgewiesen wird.
Und in diesem Fall ist das Gericht nicht berechtigt, den Antragsteller anzuweisen die Regelwidrigkeiten des Antrags zu korrigieren und es soll den Antrag zur Erstellung eines Vollstreckungsbescheids ablehnen.
- D. h. der Antrag zur Erstellung eines Vollstreckungsbescheids soll jeder einzelnen dieser Bedingungen entsprechen (Anhang Nr. 2):
- Er soll dem von Justizministerium freigegebenen Muster entsprechen;
- Er soll dem Gesetz oder den guten Sitten entsprechen;
- Das Amtsgericht, an welches er eingereicht wird, ist anzugeben;
- Der Name und die Anschrift (für natürliche Personen) oder der Firmenname und der Sitz sowie der Verwaltungssitz (für juristische Personen) des Antragstellers und des Beklagten, ihrer gesetzlichen Vertreter oder Bevollmächtigten, falls sie über solche verfügen sowie die Personenkennzahl (PKZ) oder die persönliche Identifikationsnummer des Ausländers (für natürliche Personen) oder die eindeutige Identifikationsnummer (EIK) / BULSTAT-Kennnummer (für juristische Personen), ihre Telefonnummern, Faxnummer und E-mails, falls sie über solche verfügen, sind anzugeben;
- Die Höhe der Forderung (in Zahlen und Worten), die geltend gemacht wird, die Währung, die vereinbarten Zinsen oder die Verzugszinsen, falls solche geltend gemacht sind sowie das Anfangs- und das Enddatum des Zeitraums für welchen sie erhoben werden, sind anzugeben;
- Die Umstände, aufgrund welcher die Forderung beruht, sind zu individualisieren. Falls die Forderung auf Grundlage von einem Vertrag besteht, dann sind das Datum des Vertragsabschlusses und der Vertragsgegenstand anzugeben.
- Die Urkunde, auf welche die Forderung beruht, ist im Original beizufügen;
- Es sind Nachweise für den Eintritt der Forderungsfälligkeit anzugeben;
- Falls laut dem vorgelegten Nachweis die Forderungsfälligkeit von der Vollstreckung einer Gegenpflicht oder vom Eintritt eines anderen Umstands abhängig ist, dann sind die Vollstreckung der Plicht oder der Eintritt des Umstand durch eine amtliche oder vom Schuldner ausgehende Urkunde zu bescheinigen, die auch beizufügen sind;
- 10. Der Antragsteller soll seine Unterschrift setzen;
- 11. Ein Nachweis für die bezahlte Staatsgebühr /nicht weniger als 25 BGN/ ist beizufügen;
- 12. Der Antrag ist an das Amtsgericht je nach dem Wohnsitz (für natürliche Personen) oder je nach dem Verwaltungssitz (für juristische Personen) des Schuldners einzureichen;
- 13. Der Schuldner soll über einen Wohnsitz (für natürliche Personen) oder einen Verwaltungssitz (für juristische Personen) auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien verfügen. Falls der Schuldner eine ausländische juristische Person ist, dann soll diese über eine Niederlassung (jedoch keine Handelsvertretung) auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien verfügen;
- 14. Der Schuldner soll seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seine Arbeitsstätte auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien haben (falls die Anforderungen nach P. 9 nicht erfüllt sind);
- 15. Der Schuldner soll keine verstorbene natürliche Person oder keine gelöschte juristische Person sein. Falls ein solcher Fall vorliegt, sind im Antrag als Schuldner seine Rechtsnachfolger anzugeben;
- 16. Der Schuldner soll kein Händler sein, gegen welchen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist;
- Die Forderung soll Geldbeträge, vertretbare Sachen oder die Übergabe einer bestimmten Sache betreffen;
- Falls einer der Schuldner Bürge ist, dann soll die Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Art. 147 Abs. 1 Gesetz über die Verpflichtungen und die Verträge ab dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung nicht abgelaufen sein.
Falls das Gericht der Meinung ist, dass alle vorstehend bezeichneten Anforderungen vorliegen, dann erstellt es einen Vollstreckungsbescheid, der „Vollstreckungsbescheid auf Grundlage von einer Urkunde”, oder einfach ein „Bescheid zur sofortigen Vollstreckung“ genannt wird mit dem selben Inhalt wie vorstehend unter Punkt I.
Gleichzeitig damit erstellt das Gericht auch einen Schuldtitel, wobei es auf die Urkunde, auf welcher die Forderung beruht, vermerkt, dass ein Schuldtitel erstellt ist sowie den entsprechenden Betrag. Nach der Erstellung eines Vollstreckungsbescheids und des Schuldtitels kann der Antragsteller (der Gläubiger) sie vom Gericht einholen und verlangen, dass ihm die Urschrift zurückgegeben wird, wobei beim Gericht eine Kopie bleibt.
Auf Grundlage vom erstellten Schuldtitel kann der Gläubiger ein Zwangsvollstreckungsverfahren bei einem Gerichtsvollzieher einleiten, wobei zum Antrag auch der Bescheid zur sofortigen Vollstreckung vorzulegen ist.
Der Gerichtsvollzieher schickt an den Schuldner eine Aufforderung zur freiwilligen Vollstreckzug und gemeinsam damit werden auch der Bescheid zur sofortigen Vollstreckung sowie der Schuldtitel zugestellt. Die Zustellung erfolgt laut den Regeln, die vorstehend unter Punkt I beschrieben sind.
Der Schuldner kann schriftlich innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung eine Einrede gegen den Vollstreckungsbescheid oder gegen einen Teil davon geltend machen. Diese soll beim Amtsgericht, das den Bescheid erstellt hat, eigereicht werden. Eine Begründung der Einrede ist wieder nicht erforderlich, jedoch je nach Wunsch kann der Schuldner in der Einrede Gründe, Argumente und Nachweise beibringen, die seine Einrede begründen.
Der Schuldner kann auch teilweise eine Einrede geltend machen, d.h. dass er nur einen Teil des Betrags schuldet.
Um zu überprüfen ob die Einrede fristgemäß eingereicht ist, verlangt das Gericht vom Schuldner oder vom Gerichtsvollzieher Nachweise für die Zustellung des Vollstreckungsbescheids vorzulegen, die eine beglaubigte Kopie der Aufforderung zur freiwilligen Vollstreckung mit dem Empfangsschein oder eine Bescheinigung vom Gerichtsvollzieher für den Zustellungstag sein können.
Die Verfügung, durch welche der Antrag zur sofortigen Vollstreckung stattgegeben wird, kann mit einem Einspruch vor dem jeweiligen Kreisgericht durch das erstellende Amtsgericht innerhalb von zwei Wochen ab der Zustellung des Vollstreckungsbescheids angefochten werden. Der Einspruch gegen die Verfügung zur sofortigen Vollstreckung wird gemeinsam mit der Einrede gegen den Vollstreckungsbescheid eingereicht und kann ausschließlich auf Gründen beruhen, die aus der Urkunde, aufgrund welcher der Anspruch des Gläubigers sowie der Bescheid zur sofortigen Vollstreckung beruhen, gezogen sind. Die Anfechtung der Verfügung zur sofortigen Vorstreckung setzt die Vollstreckung nicht aus.
Die Einrede gegen den Bescheid zur sofortigen Vollstreckung setzt die Zwangsvollstreckung nicht aus, ausgenommen wenn dieser auf Grundlage von einem Eigenwechsel, einer Tratte oder gleichgesetzten Orderpapieren (d.h. einem Scheck, einem Lagerschein usw.) sowie einer Anleihe oder Gutscheinen erstellt ist. Dazu soll der Schuldner dem Gerichtsvollzieher eine Kopie des schon beim Amtsgericht eingereichten Einspruchs gegen den Bescheid vorlegen und die Aussetzung der Vollstreckung verlangen, da das Amtsgericht normalerweise später ein Urteil zur Aussetzung der Vollstreckung fällt.
Die Vollstreckung wird ausgesetzt, auch wenn der Schuldner vor dem Amtsgericht eine ordnungsmäßige Sicherheit des Gläubigers nach Art. 180 und 181 Gesetz über die Verpflichtungen und die Verträge vorlegt (Pfand eines Geldbetrags, einer Staatsanleihe oder einer Hypothek).
Das Amtsgericht kann die Vollstreckung aussetzen, auch wenn die Einrede gegen den Befehl zur sofortigen Vollstreckung durch überzeugende schriftliche Nachweise unterstützt ist. Der Gerichtsbeschluss in Bezug auf den Antrag zur Aussetzung kann mit einem Einspruch an das Kreisgericht angefochten werden.
Auch wenn die Vollstreckung ausgesetzt wird, ist der Gerichtsvollzieher nicht verpflichtet die schon verhängten Sicherungsmaßnahmen (Pfändungen und dingliche Arreste) aufzuheben.
Falls der Schuldner innerhalb von zwei Wochen die Einrede geltend macht, ordnet das Gericht dem Antragsteller an, dass er eine Klage zur Feststellung seiner Forderung innerhalb von einem Monat einklagen darf, wobei der Gläubiger den Restbetrag von 2% zahlen soll.
Der Gläubiger soll eigentlich eine Feststellungsklage erheben. Falls diese vom Gericht abgelehnt wird, dann setzt sie den Vollstreckungsbescheid sowie den erstellten Schuldtitel außer Kraft. Falls das Gericht der Klage stattgibt, dann wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig.
Der Schuldner kann innerhalb von einem Monat ab der Kenntnisnahme des Vollstreckungsbescheids eine Einrede geltend machen, falls ihm der Bescheid nicht ordnungsmäßig und persönlich zugestellt wurde sowie falls im Tag der Zustellung sein gewöhnlcher Aufenthaltsort nicht auf dem Hoheitsgebiet von Republik Bulgarien war, falls er nicht die Möglichkeit hatte rechtzeitig über die Zustellung wegen besonderen unvorhersehbaren Umstände Kenntnis zu nehmen, falls er nicht konnte, seine Einrede wegen besonderen unvorhersehbaren und unüberwindlichen Umstände einzureichen. Die Einrede ist an das Kreisgericht durch das Amtsgericht, das den Bescheid erstellt hat, einzureichen.
Der Schuldner kann die Forderung auch im Klageweg anfechten, falls neu entdeckte Umstände oder neue schriftliche Nachweise, die für das Verfahren von wesentlicher Bedeutung sind, entstehen und er konnte darüber bis zum Ablauf der Frist zum Einreichen der Einrede nicht erfahren oder er konnte sie innerhalb dieser Frist nicht versorgen. Die Klage kann erhoben werden innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an welchem der neue Umstand erfahren wurde oder ab dem Tag, an welchem der Schuldner den neuen schriftlichen Nachweis versorgen konnte, jedoch nicht später als ein Jahr ab dem Erlöschen der Forderung.